Saskia Esken war mir immer ein Rätsel. Oder besser: Die SPD, die sich Esken als Chefin wählte. Wieso macht man das? Wofür steht die Frau? Wo will sie hin mit unserem Land? Nur Fragezeichen.

Saskia Esken spricht nicht mal mit mir. Sie ist mal einen ganzen Parteitag vor meinem Mikrofon und mir weggelaufen. Sie hat sich in Kantinen-Schlangen schon mal nach hinten gestellt, wenn ich sie in der Schlange mal wieder nach einem Interview fragte – irgendwann nur noch so aus Jux.

Aber jetzt wird sie mir sympathisch. Denn alle kloppen auf sie drauf – sie müsse weg, sie klebe wie Pattex an ihrem Chefposten bei der SPD. Von gestern die Frau. Gestreut wird das auch aus der Partei. Aus ihrem Umfeld. Und sie bleibt trotzdem. Tapfer!

Ja, da ist eine Menge Chuzpe. Sie kann einstecken. Olaf Scholz hat sie, immerhin seine Parteichefin, mehr als einmal doof stehen lassen – öffentlich im Bundestag. Sie zahlt es nicht in gleicher Münze zurück. Das hat was. Auch etwas sympathisch Bockiges.

Denn Esken hat ja recht: Warum soll sie weg, wenn sich ihr Mit-Parteichef Lars Klingbeil mit Ämtern und Kompetenzen behängt wie ein Bananenrepublik-General. Fehlen nur noch Brilli und Goldkettchen und Phantasialand-Uniform. Über Esken wird geätzt, weil sie Klamotten wie aus einem SPD-Frauen-Geheim-Shop trägt – aber Klingbeil macht im Labbrig-Anzug auf dicke Hose?

Warum soll Esken weg, wenn Klingbeil mit ihr zusammen maßgeblich diesen Bundestagswahlkampf für die SPD verkackt hat? Warum soll nur sie gehen, wenn beide zu schwach waren, um Olaf Scholz von seiner neuen Kandidatur abzubringen? Warum wird nur bei Esken Pattex am Allerwertesten diagnostiziert, wenn sich Klingbeil gar noch den Zusatz-Stuhl des Fraktionschefs gönnt, um karrieretechnisch nicht in den Raben-Graben zu fallen?

Nee, dass Esken sich nicht aus dem Bild schieben lässt, so jedes Zukunftsfoto der Koalitionsverhandlungen bombt – ich mag das, irgendwie. Sie war auch nicht schlechter als Klingbeil: Sie waren einfach beide mies, haben beide das übelste SPD-Wahlergebnis ever, ever, ever eingefahren. Für beide isch eigentlich over.

Sie einfach alleine hinterrücks vor den weiterziehenden SPD-Bus zu schubsen: Das ist nicht gerecht. Und das mag ich nicht.