Zwar wählen die Ungarn alle vier Jahre ein neues Parlament, aber ihr Premierminister Viktor Orbán ist immerzu Wahlkampf. Er setzt alles daran, beim nächsten Wahltermin wieder als Sieger hervorzugehen, und wieder und wieder. Die Ungarn sollen von Viktor Orbán regiert werden, bis er eines sehr, sehr fernen Tages nicht mehr ist.
Deshalb sammelt seine gut geölte Propagandamaschine permanent Munition, die sie auf wirkliche und imaginäre Gegner abfeuern kann, und sie sucht nach Material, um Orbán als den größten aller anzunehmenden Ungarn darzustellen. Nun hat US-Präsident Donald Trump Orbán den allerbesten Stoff geliefert: Er wird sich mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Budapest treffen, um über die Ukraine zu reden.
Die Botschaft ist unmissverständlich
Orbán hat sofort reagiert. Auf der Plattform X postete er: „Ungarn ist die Insel des Friedens. Das geplante Treffen zwischen dem amerikanischen und dem russischen Präsidenten ist eine großartige Nachricht für alle Menschen, die den Frieden lieben. Wir sind bereit!“ Orbán präsentiert sich als einziger friedliebender Staatschef inmitten einer kriegslüsterne Europäischen Union. „Wenn sie heute auf die Landkarte sehen und sich die europäischen Staats- und Regierungschefs anschauen, dann wird schnell klar, dass Budapest der einzige Ort in Europa ist, wo ein solches Treffen stattfinden kann.“ Die Botschaft ist klar: Ich, Viktor Orbán, werde die Ungarn vor dem Krieg schützen! Ich, Viktor Orbán, bin der wahre Friedensfürst!
Orbán hat einen aussichtsreichen Herausforderer
Diese Botschaft verbreitet seine Propagandamaschine auf allen Kanälen. Im April stehen die nächsten Parlamentswahlen an. Seit Monaten liegt in allen Umfragen der Oppositionelle Péter Magyar vorn. Er hat – Stand heute – gute Aussichten, Orbán zu schlagen. Magyar ist ein ehemaliges Mitglied der Fidesz, der Partei von Viktor Orbán. Er kennt also die Machtmaschine von innen. Er prangert Korruption und Misswirtschaft an.
Für Orbán ist er ein gefährlicher Gegner. Auch wenn Magyar bisher klare Festlegungen zum Ukrainekrieg vermieden hat, präsentiert er sich als bekennender Europäer. Es gehe ihm darum, sagt Magyar, das gestörte Verhältnis zwischen Ungarn und der EU zu verbessern. Orbán aber stellt die EU als Kriegstreiberin dar. „Europa ist laut seiner eigenen Definition im Krieg. Sowohl die Anführer der größten EU-Staaten als auch die Chefs der EU-Institutionen sprechen vom russisch-ukrainischen Krieg, als ob das unser Krieg sei und als ob Europa im Krieg sei. Wir sehen jeden Tag, wie Kommissionspräsidentin von der Leyen um die Welt reist, um nichts anderes zu tun, als über den Krieg zu reden. Das zeigt ganz klar, dass es hier eine Art Kriegspsychose gibt.“ Orbán will also Friedensfürst gegen den kriegstreibenden Europäer Magyar ins Feld ziehen.
Das Netzwerk der Buddys funktioniert
Mit dieser Behauptung vom Friedensfürsten hat er schon einmal einen ihm ernst zu nehmenden Gegner aus dem Feld geschlagen: Péter Márki-Zay. Dieser Liberalkonservative, der sich als ehemaliger Fidesz-Wähler outete, trat bei den Wahlen im April 2022 gegen Orbán an. Lange Zeit schien er gute Aussichten zu haben. Die sechs Oppositionsparteien hatten sich hinter Márki-Zay versammelt. Das hatte es bis dahin noch nie gegeben. Wie Magyar heute, so bot auch Márki-Zay wenig Angriffsflächen, denn er war konservativ in gesellschaftlichen Fragen, liberaler in der Wirtschaftspolitik und er hatte sich als ehemaliger Fidesz-Wähler geoutet.
Doch dann rollten am 24. Februar 2022 die russischen Panzer über die ukrainische Grenze. Orbán brachte sich sofort als „Friedensfürst“ in Stellung und kritisierte die Russlandpolitik der EU. Márki-Zay bezeichnete Orbán als „Söldner und Diener Putins.“ Er bekannte sich zur EU und zur Nato, die „Ungarns Sicherheit garantieren“. Daraus machte Orbáns Propagandamaschine: Wer Márki-Zay wählt, der wählt den Krieg, der bringt Unglück über Ungarn. Und Márki-Zay verlor.
Donald Trump hat mit seiner Gipfelentscheidung also aktive Wahlhilfe für Orbán geleistet. Putin stützt Orbán schon seit Jahren mit billigen Öllieferungen. Das Netzwerk der Buddys funktioniert also bestens.
