Santo Stefano di Cadore (Italien) – Der deutschen Todesfahrerin Angelika H. (34), die vor einem Jahr in Italien eine ganze Familie auslöschte, droht nur noch eine geringe Haftstrafe: Vier Jahre und acht Monate beantragte Staatsanwalt Dr. Simone Marcon zum Prozessauftakt am Dienstag in Belluno.
Strafmildernd wird der psychische Ausnahmezustand berücksichtig, in dem sich die Mediendesignerin aus Bayern an jenem 6. Juli 2023 befand. Damals raste sie mit Tempo 90 durch den Alpen-Ort Santo Stefano di Cadore, erfasste mit ihrem Audi A3 Marco A. (†48), dessen Sohn Mattia (†2) und Oma Maria Grazia Z. (†65) auf dem Fußweg. Sie waren augenblicklich tot.
► Für den Tatbestand „Straßenmord“ hätten der Deutschen in Italien, die vor der Tat monatelang im Auto gelebt hatte und durch aggressives Verhalten gegenüber Polizisten aufgefallen war, bis zu 18 Jahre im Knast drohen können. Stattdessen wird sie die restliche Strafe nun wohl im „Casa Don Giuseppe Girelli“ bei Verona verbringen dürfen – eine psychiatrische Einrichtung, in die Angelika H. nach 260 Tagen in U-Haft im März überstellt wurde.
Totraserin war nicht betrunken
Strafmildernd kommt ihr zugute, dass sie bei ihrer von Überwachungskameras minutiös aufgezeichneten Amokfahrt nicht unter Alkohol stand und die Hinterbliebenen inzwischen von der Versicherung entschädigt wurden.
„Trotzdem erwarten sie eine deutliche Antwort der Justiz, obwohl sie wissen, dass kein Urteil jemals dem schrecklichen Verbrechen gerecht werden würde“, teilte Dr. Nicola de Rossi vom Studio 3A-Valore S.p.A. BILD mit.
Insbesondere Marcos Witwe Elena P. (43), die ihren kleinen Sohn Mattia verlor, drängt auf eine harte Strafe: „Damit den drei unschuldigen Opfern mindestens ein wenig Gerechtigkeit widerfährt“, sagte de Rossi.
Angelika H. ging auf Mitgefangene los
Im Prozess wurde zudem bekannt, dass Angelika H. auch im Frauengefängnis auf der Insel Giudecca bei Venedig und im Krankenhaus gegen Bedienstete und Mitgefangene gewalttätig wurde.
Richterin Dr. Elisabetta Scalozzi will ihr Urteil daher erst am 8. Oktober verkünden und vorher noch ein aktuelles psychiatrisches Gutachten über Angelika H.’s Gefährlichkeitszustand einholen.