In der Ukraine sind im vergangenen Monat nach Angaben der Vereinten Nationen so viele Zivilisten getötet und verletzt worden, wie seit mehr als drei Jahren nicht mehr. Im Juli seien 286 getötete und 1.388 verletzte Zivilistinnen und Zivilisten gezählt worden, teilte die UN-Beobachtungsmission in Kyjiw mit.
„Nur in den ersten drei Monaten nach Beginn der groß angelegen Invasion der Russischen Föderation in der Ukraine gab es mehr Tote und Verletzte als im vergangenen Monat“, sagte Missionsleiterin Danielle Bell. 98 Prozent der verzeichneten Todes- und Verletzungsfälle hätten sich in Gebieten ereignet, die von der Ukraine kontrolliert werden und von Russland beschossen werden.
Die UN verzeichneten den Angaben zufolge zivile Opfer in 18 der 24 Regionen des Landes. Fast 40 Prozent der Opfer – 89 Tote und 572 Verletzte – gingen auf Raketen- und Drohnenangriffe zurück. Ein Luftangriff auf Kyjiw am 31. Juli, bei dem 31 Menschen getötet und 171 verletzt worden sind, sei die opferreichste Attacke auf die ukrainische Hauptstadt seit Kriegsbeginn gewesen.
Intensive Luftangriffe erhöhen Zahl ziviler Opfer
Die Mission beklagte weiterhin die Zunahme von Angriffen auf Zivilisten mit Kurzstreckendrohnen, wie sie an der Front eingesetzt werden. 64 Menschen seien im vergangenen Monat auf diese Weise getötet und 337 verletzt worden. Auch die Zahl der Opfer infolge von Angriffen mit schweren Gleitbomben, wie Russland sie seit vergangenem Jahr intensiv einsetzt, sei stark gestiegen: Hätten sie im Juni noch 114 Tote und Verletzte verursacht, seien es im vergangenen Monat 276 gewesen.
Weitere unabhängige Beobachter kommen auf noch höhere Zahlen. So berichtete die exilrussische Beobachtergruppe Conflict Intelligence Team (CIT), die den Kriegsverlauf auf Grundlage öffentlich einsehbarer Daten analysiert, vergangene Woche ebenfalls von einem Höchststand bei der Zahl ziviler Opfer.
Demnach sollen in der Ukraine einschließlich der von Russland in der Ukraine kontrollierten Gebiete sowie in russischen Grenzregionen im Juli 335 Menschen getötet und 2.228 verletzt worden sein. Die Zahl von insgesamt 2.563 Opfern ist somit fast um die Hälfte höher als die von der UN genannte Zahl, die jedoch ausschließlich zweifelsfrei bestätigte und identifizierte Tote und Verletzte berücksichtigt.
80 Prozent der von CIT verzeichneten Opfer stammten den Angaben der Gruppe zufolge aus von der Ukraine kontrollierten Gebieten, knapp acht Prozent aus russisch besetzten Gebieten in dem Land und zwölf Prozent aus russischen Grenzregionen.
Fast 50.000 bestätigte zivile Opfer seit Kriegsbeginn
Auch CIT hebt ebenfalls hervor, dass der Anstieg der Zahlen vor allem auf die Intensivierung russischer Drohnenangriffe in den vergangenen Monaten zurückgeht. Mit mehr als 6.000 eingesetzten Langstreckendrohnen war deren Zahl im Juli bereits etwa doppelt so hoch wie noch im April.
Nach Angaben der UN sind seit Kriegsbeginn fast 14.000 Zivilisten getötet und mehr als 35.500 verletzt worden. Auch hier werden ausschließlich zweifelsfrei bestätigte Fälle mit eingerechnet, die Vereinten Nationen gehen von einer höheren Dunkelziffer aus. Die Regierung in Kyjiw befürchtet mehr als 25.000 getötete Zivilisten.