Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat Donald Trump vorgeworfen, „seine Wirkmacht“ in den Gesprächen um ein Ende des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine überschätzt zu haben. „Er hat einfach die Verhandlungssituation mit Wladimir Putin nicht richtig eingeschätzt“, sagte Pistorius im Deutschlandfunk über den US-Präsidenten. Entscheidend sei nun, dass Trump zu der Erkenntnis komme, „dass es nicht so einfach ist, wie er sich das vorgestellt hat“. Der Republikaner müsse erkennen, „dass Putin auf diesem Wege nicht zu bewegen ist“ und deshalb mit „anderen Instrumenten“ gearbeitet werden müsse.
„Der Druck auf Russland muss wieder erhöht werden“, sagte der Verteidigungsminister. Dies müsse sowohl über finanzielle und materielle Unterstützung der Ukraine geschehen als auch durch neue Sanktionen. Ein 18. Sanktionspaket sei derzeit in Vorbereitung und müsse „noch deutlich stärker werden“, sagte Pistorius. Ob und in welcher Form sich die USA dem Paket anschließen würden, bleibe noch abzuwarten.
Erwartungen an Telefongespräch Trumps mit Putin wurden „unterboten“
Dem Minister zufolge muss in dem Paket unter anderem die Finanzierung des russischen Krieges in den Blick genommen werden. Besonders der Geldfluss durch den Verkauf von Öl und Gas müsse „zurückgedrängt“ werden. „Es fließt immer noch zu viel Geld in die russischen Staatskassen durch Energieverkäufe“, sagte Pistorius. Hier müsse eine „spürbare Verschlechterung“ der Situation Russlands erreicht werden.
Durch das Telefongespräch Trumps mit Putin Anfang der Woche sieht der Bundesverteidigungsminister kaum Bewegung in den Gesprächen über eine mögliche Waffenruhe oder ein Ende des Krieges. Seine Erwartungen an das Gespräch seien „nicht besonders hoch“ gewesen, sagte Pistorius – „und diese Erwartungen sind noch unterboten worden“. Putin erreiche lediglich weitere Verzögerung, während er seine Angriffe auf die Ukraine weiter fortführe. „Ein Frieden ist nicht in Sicht“, sagte der SPD-Politiker. Sollte Putin Frieden oder einen Waffenstillstand wollen, könne er ihn selbst unverzüglich erreichen und Verhandlungen führen.
„Mit Sozialleistungen und mit Bildung lässt sich dieses Land nicht verteidigen“
„Putin macht das, was er von Anfang an gemacht hat: Er stellt Bedingungen für einen Waffenstillstand, die völlig inakzeptabel für die Ukraine sind“, sagte Pistorius. Dazu gehörten der Verzicht auf eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine, die Demilitarisierung des Landes sowie der von der russischen Führung als „Entnazifizierung“ bezeichnete Austausch der ukrainischen Regierung. „Das sind keine Vorbedingungen für einen Waffenstillstand, die irgendjemand akzeptieren kann“, sagte der Verteidigungsminister.
Im Gespräch mit dem Deutschlandfunk verteidigte Pistorius zudem die höhen Verteidigungsausgaben sowie den Plan der Nato, diese weiter zu steigern. Aufgrund der aktuellen Bedrohungslage gehe es darum, „unsere Streitkräfte abschreckungsfähig zu machen und eben auch in den Stand zu versetzen, wenn es trotz Abschreckung zu einer militärischen Auseinandersetzung kommt, in dieser zu bestehen“. Ziel sei, die Nato-Mitgliedsstaaten so aufzustellen, dass es gar nicht erst zu einem Krieg komme. Diplomatie könnte man nur aus einer Position der Stärke heraus betreiben. „Mit Sozialleistungen und mit Bildung lässt sich dieses Land nicht verteidigen“, sagte der Minister.