Dresden – Nach dem Teileinsturz der Carolabrücke droht auf Monate ein Verkehrschaos in der sächsischen Landeshauptstadt. Experten gehen bereits davon aus, dass die Brücke, über die täglich bis 50 000 Autos rollen, komplett abgerissen werden muss.

Holger Kalbe (54), Abteilungsleiter Brücken- und Ingenieurbauwerke: „Ich bin dafür zuständig, dass Brücken befahrbar sind und habe heute erlebt, dass eine Brücke eingestürzt ist. Glauben Sie mir, das ist ein Morgen, den will man nicht erleben.“

Gesamte Brücke gesperrt

Die Brücke, die die Dresdner Altstadt mit der Neustadt über der Elbe verbinden, wurde nach dem Einsturz um 3 Uhr nachts komplett dicht gemacht. Mit der Sperrung der Elbquerung samt B170 muss die Stadt Dresden mit massiven Verkehrsbeeinträchtigungen leben.

Weder Autos noch Fahrräder und Passanten dürfen sie passieren, denn beim Betreten herrscht akute Lebensgefahr! Der gesamte Verkehr wird umgeleitet.

Wie geht es an der Carolabrücke weiter?

Wie Brücken-Chef Holger Kalbe (54) erklärte, muss der eingestürzte Teil zunächst gesichert werden. „Wenn wir das geschafft haben, müssen wir ein Abbruchkonzept erarbeiten für das Teil, was in der Elbe liegt. Die Bergung wird nicht einfach“, erklärt er weiter. „Danach müssen wir über Neubau nachdenken.“

Schwierige und aufwendige Bergung, Abrissarbeiten und Neubau? Das klingt nach einem langfristigen Mammutprojekt. Für Dresdner bedeutet das: Umwege, überfüllte Ausweichrouten und Stau-Chaos über Monate, wahrscheinlich sogar Jahre!

So werden 50 000 Autos umgeleitet

Gesperrt bleiben neben der Carolabrücke bis auf Weiteres auch das Terrassenufer und der Elberadweg auf beiden Seiten. Die rund 50 000 Autofahrer, die täglich die Elbquerung nutzen, müssen nun die Umleitung über die Albertbrücke nehmen.

Dresdner befürchten einen Verkehrskollaps und fordern auch die an der Semperoper gelegenen Augustusbrücke – darf seit Ende 2021 nicht mehr von Autos befahren werden – zu öffnen. Doch laut Stadt sei das nicht vorgesehen: „Eine Freigabe der Augustusbrücke, die nur durch den ÖPNV befahren werden darf, ist nicht vorgesehen“, erklärt ein Sprecher am Mittwochvormittag.

Die Umleitung für das gesperrte Terrassenufer verläuft über die Wilsdruffer Straße. Das sei laut Stadt auch bei Hochwasser der Fall.

Straßenbahnen fahren Umleitung

Normalerweise fahren die Linien 3, 7 und 8 über die Carolabrücke. Auch in der Nachts wurden zwei Linien stündlich bedient. Nach dem Einsturz müssen die Straßenbahnen umgeleitet werden. Wie die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) erklären, fährt die Linie 3 ab sofort über die Augustusbrücke, Linie 7 über die Marienbrücke und Linie 8 über den Bahnhof Neustadt.

Dampfer der Weißen Flotte ebenfalls betroffen

Von der Sperrung ist auch die Schifffahrt auf der Elbe betroffen. Für die Dampfer der Weißen Flotte Sachsen GmbH bedeutet das, dass der Zustieg am beliebtesten Halt, dem Terrassenufer, beschränkt ist. Von dort legen nur noch Dampfer nach Meißen ab. Nicht aber in Richtung Sächsische Schweiz.

Für die Betreiber ist das eine Katastrophe. Stefan Bloch (45), Geschäftsführer der Weißen Flotte: „Uns droht ein betonter wirtschaftlicher Schaden. Wir haben ein massives Problem.“

Wer ins Riesengebirge fahren will, vorbei an Radebeul und Pillnitz, muss künftig an der Albertbrücke einsteigen. Dort würden drei Dampfer liegen.

Mit Einsturz der Brücke kommen Millionenkosten

Wie lang die Sperrung dauern wird, ist nicht abzusehen. Laut Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sei „kein Hexenwerk, eine neue Brücke drüberzulegen“, da die Pfeiler noch stehen. Die Frage sei nur, wie lange das dauert. Die erwarteten Kosten für Abriss und Neubau der unter Denkmalschutz stehenden Carolabrücke werden wohl in die Millionen gehen.

Ingenieure entsetzt über Einsturz der Carolabrücke

„Der Einsturz des westlichen Teils der Carolabrücke hat uns Ingenieurinnen und Ingenieure sehr schockiert“, sagte der Präsident der Kammer, Hans-Jörg Temann. Zur Ursache wird bereits ermittelt. Derzeit deutet vieles darauf hin, dass der unsanierte Brückenstrang von innen verrostet war.