Hannover – Dutzende Drogenhändler und Rauschgiftkuriere brachte er hinter Gitter – aber seit vergangenem Oktober sitzt der Staatsanwalt selbst in Untersuchungshaft.
Yashar G. (39) soll zwischen Juni 2020 und März 2021 eine international agierende Kokain-Bande immer wieder gegen Geld mit Informationen versorgt haben. Auch vor einer Razzia soll er sie gewarnt haben. Köpfe der Bande setzten sich vorher ins Ausland ab, sind bis heute nicht gefasst.
Monatlich soll der Jurist 5000 Euro Bargeld für Hinweise kassiert haben – insgesamt sogar bis zu 65.000 Euro.
Am kommenden Mittwoch (23. April) startet der Prozess gegen den Dezernenten der Abteilung Betäubungsmittel der Staatsanwaltschaft Hannover. Mitangeklagt ist Amir-Houmann M., ein Boxtrainer mit Kampfsportstudio in Hannover. Der 41-Jährige soll in zwölf Fällen als Mittelsmann fungiert, Bestechungsgelder übergeben und Informationen an die Kokain-Bande weitergereicht haben.
Staatsanwalt bestreitet die Vorwürfe
Der inhaftierte Staatsanwalt bestreitet alle vorgeworfenen Taten. „Mein Mandant wird sich in der anstehenden Hauptverhandlung vollumfänglich einlassen“, sagt sein Rechtsanwalt Timo Rahn.
Und: „Aus der Sicht der Verteidigung werden sich die erhobenen Vorwürfe bei der gebotenen objektiven Betrachtung aller vorliegenden Fakten und Beweismittel nicht bestätigen.“
Laut niedersächsischem Justizministerium gab die Entschlüsslung der Chats von Kriminellen den Ausschlag für die Verhaftung des angeblich korrupten Beamten. In den Chats sei von einem „Cop“ und einem „Coach“ die Rede: Der „Cop“ soll der Staatsanwalt sein, der „Coach“ der Boxtrainer.
Diese Razzia soll verraten worden sein
Im Februar 2021 waren 16 Tonnen Kokain im Hamburger Hafen entdeckt worden, ein Rekordfund. Wenig später organisierte das niedersächsische Landeskriminalamt eine bundesweite Razzia. Jedoch war eine Vielzahl der Beschuldigten verschwunden. Ein Hauptverdächtiger setzte sich nach Dubai ab. Schon damals gab es laut Justizministerium Hinweise auf einen „Maulwurf“ in den Behörden.
Die oppositionelle CDU bezeichnete den Fall als Justizskandal und will wissen, warum ein erstes Verfahren gegen den verdächtigen Staatsanwalt eingestellt wurde. Der Verdacht war auch Thema in der Hauptverhandlung gegen den Spediteur der Kokain-Bande im Jahr 2023. Denn schon im Oktober 2022 hatte der inzwischen verurteilte Spediteur in einer Polizei-Vernehmung vom angeblichen Informanten berichtet und auf Chats verwiesen.
Ende 2022 wurden dann die Wohnung und die Diensträume des verdächtigen Staatsanwalts durchsucht. Aber das Verfahren gegen Yashar G. wurde im Oktober 2023 vorerst eingestellt. Und erst im Juni 2024 wieder aufgenommen.