So schnell kann man Geschichte sein: Nach einem historisch schlechten Wahlergebnis (SPD war zuletzt 1890 so schwach) räumt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die „Wahlniederlage“ ein – sagt aber nichts von Rücktritt.
Doch die Zeit nach ihm hat längst begonnen. Kurz nach Scholz: Auftritt Parteichef Lars Klingbeil (46). Der spricht von einer „Zäsur“. Er kündigt einen Personalumbau an der Spitze an („personell neu aufstellen“) und will einen „Wiederaufbau der SPD als Volkspartei der linken Mitte“.
Im Klartext: Jetzt wird Tabula rasa in der SPD-Spitze gemacht!
Und dann der, den viele Genossen als Kanzlerkandidat gesehen hätten: Verteidigungsminister Boris Pistorius (64). Der war im Wahlkampf bundesweit nicht präsent, schwänzte einen Scholz-Termin im eigenen Wahlkampf. Jetzt steht der Mann vor der ARD-Kamera und klingt wie der Verhandlungsführer der SPD für die Koalitionsgespräche, redet von „klaren Linien“, mit denen man in die Verhandlungen gehen werde. Keine zweite Reihe mehr. Das klingt nach erster Geige.
Klingbeil und Pistorius – Auftritte, wie abgestimmt: Der Parteichef Klingbeil kümmert sich um die Mannschaft. Pistorius kümmert sich um die Koalitionsgespräche.
Mag Scholz noch bis zur nächsten Regierung kanzlern wollen – Pistorius blickt schon weiter: „Die Partei entscheidet, mit welcher Mannschaft wir in die nächsten Monate und Jahre gehen …“
Die großen Linien eben …
Auffällig: Klingbeil steht in der Parteizentrale der SPD auf der Bühne weit weg von Olaf Scholz. Zu Verlierern hält man Abstand, wenn man noch etwas werden oder oben bleiben will.
Es bleibt Co-Parteichefin Saskia Esken überlassen, Scholz zu danken, für dessen Einsatz im Wahlkampf: „Du hast gekämpft wie ein Löwe.“ Zwei, die wohl die Klingbeil-Pistorius Zäsur nicht überstehen werden …