Wer hatte bloß die Musik ausgesucht, zu der Friedrich Merz beim CSU-Parteitag in Nürnberg den Saal entern sollte?
Die Parteitags-Regisseure hatten sich für nervtötendes immer gleiches Disko-Gedudel ohne wirkliche Melodie entschieden, das da aus den Boxen dröhnte, als der Kanzlerkandidat zum großen Auftritt in die Messehalle kam. Die CDU hatte für Söder in Berlin zumindest Phil Collins parat gehabt.
Immerhin das Outfit von Friedrich Merz war schon kanzlertauglich. Er kam früher gerne mal im Janker nach Bayern. Diesmal war er der einzige Krawattenträger auf der Bühne, Söder hatte sich für einen Rollkragenpulli entschieden.
Merz sprach lange mit Hand in der Hosentasche – und verteilte erst mal Aufträge. „Ich möchte sehen“, rief er aus, dass die CSU am Wahlabend wieder „alle, ausnahmlos alle“ 47 Wahlkreise in Bayern hole.
Tatsächlich sieht es dafür diesmal gut aus, die CSU liegt den Prognosen nach überall vorn. Das liegt aber in erster Linie am CSU-Chef. Was Merz verschwieg: Er braucht diesen CSU-Durchmarsch, um bundesweit mit der Union überhaupt über die 30-Prozent-Marke zu kommen, an der sie seit Monaten klebt.
Merz scheint optimistisch, dass das klappt. Immerhin liegt die CSU laut einer neuen Umfrage sogar bei starken 42 Prozent. Entsprechend gab er möglichen künftigen Ministern der CSU, „die hier in der ersten Reihe sitzen“, schon mal Dienstanweisungen mit auf den Weg. Er erwarte von jedem Mitglied seiner künftigen Regierung, dass es bei EU-Sitzungen anwesend ist – das verhindere auch Fehlentscheidungen zulasten Deutschlands.
Bei der Gelegenheit bekam auch EVP-Chef Manfred Weber (CSU) noch was zu hören – der solle nämlich mal den ganzen EU-„Pippifax“ stoppen. „Deutschland muss wieder eine Rolle spielen in Europa.“
Das waren durchaus Ansagen, die in der stolzen CSU früher für Schnappatmung und sofortige Retourkutschen gesorgt hätten.
Doch Gastgeber Markus Söder (58) gab sich ganz lässig, kündigte an: „Wir werden Dich bei dem Kurs unterstützen, auch gegen manche in Deiner eigenen Partei.“ Prasselnder Beifall, Stehende Ovationen – auch für Merz im Söder-Land Nürnberg.
FAZIT: Die CSU will unbedingt wieder einen Unions-Kanzler haben. Und sie behandelt Merz schon so, als habe er die Wahl gewonnen. Doch Merz ist auch klar: Söder wird spätestens bei den Koalitionsverhandlungen seinen Preis für die bedingungslose Wahlkampf-Unterstützung und das sich abzeichnende Super-Ergebnis aus Bayern verlangen.
Bis dahin gilt als Motto für beide: Union pur – keine Zweitstimme für die FDP. „Es gibt keinen Grund, auf irgendeinen politischen Wettbewerber Rücksicht zu nehmen“, sagte Merz.