Russland hat Erwägungen, nach dem Ende des Ukrainekriegs eine mögliche europäische Friedenstruppe in der Ukraine zu stationieren, als „inakzeptabel“ zurückgewiesen. Man habe nicht vor, über einen solchen Schritt in irgendeinem Format zu diskutieren, sagte die Sprecherin des Außenministeriums, Marija Sacharowa, am Donnerstag vor Journalisten. „Das sind keine Sicherheitsgarantien für die Ukraine, das sind Garantien für Gefahr für den europäischen Kontinent.“
Sacharowa reagierte auf Äußerungen der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Diese hatte vor wenigen Tagen der in einem Interview gesagt, die EU arbeite an „ziemlich konkreten“ Plänen für eine multilaterale Friedenstruppe in der Ukraine. Ziel einer solchen Truppe solle demnach sein, die volle Souveränität und Verteidigungsfähigkeit der Ukraine im Falle eines erneuten Angriffs aus Russland abzusichern.
Merz nimmt per Videoschalte teil
Um solche Sicherheitsgarantien soll es am heutigen Donnerstag bei einem Treffen westlicher Ukraine-Unterstützerstaaten – der sogenannten Koalition der Willigen – in Paris gehen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, die EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sowie weitere Staats- und Regierungschefs nehmen persönlich teil. Bundeskanzler Friedrich Merz und andere Spitzenpolitiker beteiligen sich per Videoschalte.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will mit dem Treffen vor allem eine Botschaft an US-Präsident Donald Trump senden, dass die Koalition der Willigen bereit sei, ihren Teil zu den Sicherheitsgarantien zu leisten. Dies soll die USA motivieren, den Druck auf Russland zu erhöhen, einen Waffenstillstand zu erreichen.
Konkret geht es darum, wie militärische Sicherheitsgarantien für die
Ukraine nach einem möglichen Waffenstillstand aussehen könnten. Im
Gespräch sind auch weitere Sanktionen gegen Russland. Die Hauptlast
eines möglichen Truppeneinsatzes würden die europäischen Nato-Mitglieder
tragen.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hatte zuvor die Äußerungen von der Leyens zu konkreten Truppenplänen als verfrüht kritisiert.
Er warnte, dass die EU „keinerlei Zuständigkeiten und Kompetenzen hat,
was die Stellung von Truppen – egal für wen und für was“ – angehe.
Deutschland will laut einem Bericht neue Waffenhilfe anregen
Die Bundesregierung will laut Informationen des Magazins vorschlagen, die Luftverteidigung der Ukraine zu stärken. Ziel sei ein Zuwachs von 20 Prozent pro Jahr bei Waffensystemen und deren Effektivität. Zudem wolle Deutschland anregen, die offensiven
Luftfähigkeiten der Ukraine mit weitreichenden Präzisionswaffen wie Marschflugkörper zu verbessern, die in
der Ukraine mit finanzieller und technologischer Unterstützung
hergestellt werden.
Außerdem soll der Ukraine laut die
Ausrüstung für vier mechanisierte Infanteriebrigaden bereitgestellt
werden. Das würde eine Größenordnung von 480 Infanteriefahrzeugen pro
Jahr bedeuten, darunter Schützenpanzer, hieß es.
Weitere zentrale Bestandteile der
Sicherheitsgarantien seien nach den deutschen Vorstellungen die
fortgesetzte Ausbildung ukrainischer Soldaten und eine enge Verzahnung
der Rüstungsindustrien der Ukraine und europäischer Staaten. Die Beteiligung an einer Friedenstruppe
schließt die Bundesregierung den Angaben nach zwar nicht aus.
Voraussetzung dafür sei aber eine politische Verabredung mit dem Ziel,
den Krieg zu beenden. Zudem müssten sich die USA an solch einer Mission
in signifikanter Weise beteiligen.
Trump soll nach dem Treffen per Telefon informiert werden
Am Vorabend des Pariser Treffens hatte Macron verkündet, die Unterstützerländer hätten ihre Vorbereitungen für Sicherheitsgarantien abgeschlossen. Dank der Vorarbeit der Armeechefs seit dem Ukrainegipfel im Weißen Haus seien die Europäer nun bereit, der Ukraine Sicherheitsgarantien zu geben, sobald ein Friedensabkommen unterzeichnet sei. „Die Beiträge, die vorbereitet, dokumentiert und heute Nachmittag auf Ebene der Verteidigungsminister unter strengster Geheimhaltung bestätigt wurden, lassen uns sagen: Diese Arbeit ist abgeschlossen und wird nun politisch gebilligt werden“, sagte Macron.
Die Europäer hatten mehrfach deutlich gemacht, dass eine Rückversicherung durch die USA unabdingbar sei. Nach dem jüngsten Besuch Selenskyjs mit EU-Spitzen in Washington, D. C. sah es zunächst danach aus, als ließe sich US-Präsident Trump dazu bewegen. Doch konkrete Zusagen lassen auf sich warten. Nach dem Pariser Treffen soll Trump telefonisch informiert werden.
Auch einige europäische Staats- und Regierungschefs schienen bereits gemachte Ankündigungen wieder abzuschwächen. So hatten Äußerungen des britischen Premiers Keir Starmers und Macrons zunächst so geklungen, als könnten die beiden Nato-Mitglieder eine Art wehrhafter Friedenstruppe entsenden. Doch inzwischen ist mehr von einer Ausbildungs- und Aufklärungsmission die Rede. Konkrete Ansagen, wie die Sicherheitsgarantien nun ausgestaltet werden sollen, wird es nach Angaben des Élysée-Palastes auch nach dem neuerlichen Treffen nicht geben.
Nato-Generalsekretär sieht baldige Klarheit
Trotzdem gab sich Nato-Generalsekretär Mark Rutte optimistisch. Er erwartet schon bald eine Einigung auf ein Konzept für Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Es sei zu erwarten, dass „morgen oder bald nach morgen Klarheit darüber herrscht, was wir gemeinsam leisten können, sagte er am Vortag der Beratungen. Das bedeutet, dass wir uns noch intensiver mit der amerikanischen Seite austauschen können“, sagte Rutte nach einem Treffen mit Estlands Präsidenten Alar Karis in Brüssel.
Weiter sagte Rutte, die Europäer seien zusammen mit anderen Staaten dabei, auf der Ebene der Militärchefs, Verteidigungsminister sowie Staats- und Regierungschefs die letzten Details zu klären. Karis bekräftigte, dass Estland bereit sei, Soldaten für eine mögliche europäische Friedenstruppe bereitzustellen. „Wir beteiligen uns weiterhin an dieser Planung“, sagte er.