In einem kleinen Eimer ließen sie ihn in den schwarzen Hamas-Tunnel hinabsinken. 20 Meter unter der Erde, mit gefesselten Händen und in völliger Dunkelheit harrte Omer Shem Tov (22) aus Israel hier aus – 450 Tage lang, ganz allein. Am Samstag kam er im Rahmen des Deals zwischen Israel und der Hamas gemeinsam mit fünf anderen Geiseln endlich frei und berichtete über sein Martyrium.
Trotz unfassbarer Strapazen hat er sein Lächeln nicht verloren und konnte seine Familie in die Arme schließen. Er sagte kurz nach seiner Freilassung: „Jetzt ist alles in Ordnung! Danke an das liebe Volk Israels und an alle Soldaten!“
Sein Vater erzählte dem israelischen TV-Sender „Kan“: „Er ist immer noch Omer, der Lustige, Omer, der Optimist – nur 16 bis 17 Kilo leichter.“
Er verlor nie die Hoffnung
Dass Omer noch Omer ist – keine Selbstverständlichkeit. Bei der Geiselübergabe am Samstag wurden auch zwei Männer befreit, die zehn Jahre von der Hamas gefangen gehalten wurden: Avera Mengistu (38) und Hisham al-Sayed (37). Mengistu, schwer psychisch krank, reagierte kaum, als er seine Familie wiedersah, hielt seinem Vater zur Begrüßung die Hand hin, wirkte vollkommen abwesend.
Omer hatte Glück. Mental gesund und körperlich stark bei seiner Entführung überstand er die Gaza-Dunkelheit und behielt die Hoffnung – obwohl er „nie Tageslicht“ sah, wie sein Vater erzählt.
Er wurde am 7. Oktober 2023 vom Supernova-Festival von den Hamas-Terroristen entführt. Geistesgegenwärtig teilte er noch seinen Live-Standort per Handy mit seiner Familie. Sie verfolgten digital, wie er gemeinsam mit seinen Geschwistern (18, 21) nach Gaza verschleppt wurde – dann brach der Kontakt ab. Seine Geschwister kamen kurz darauf, im November 2023, wieder frei. Omer blieb verschollen.
Zu Beginn seiner Entführung wurde er in verschiedenen Wohnungen festgehalten, musste sich als arabische Frau verkleiden, wurde bespuckt und beleidigt. Schließlich ließen ihn die Hamas-Schergen in ihre Terror-Tunnel hinab.
450 Tage ganz allein
Von über 500 Tagen Gefangenschaft überstand er 450 Tage ganz allein in dem kilometerlangen, weitverzweigten Tunnelsystem, in völliger Dunkelheit, erzählte sein Vater dem Sender „Kan“. Die Schächte gehen bis zu 20 Meter tief, die Luft ist schlecht. Wie er mit Nahrung und Wasser versorgt wurde, ist bisher nicht bekannt, seine starke Gewichtsabnahme spricht dafür, dass er überwiegend Hunger litt.
Bei der Geiselübergabe am Samstag in Gaza mussten sich die Geiseln zudem einer entwürdigenden Propaganda-Show der Hamas stellen. Omer küsste einen Terroristen vor Publikum sogar auf den Kopf. Seinem Vater erzählte er: Die Hamas, vermummt und schwer bewaffnet, zwang ihn dazu.
Doch obwohl sie alles taten, um den jungen Mann körperlich und psychisch zu brechen – Omers Seele bekamen sie nicht. Sein Humor, sein Lebenswille ist ungebrochen. Einer der ersten Sätze nach seiner Freilassung: „Ich möchte einen Hamburger.“