Michael Kretschmer (49) hat gegen die AfD gerackert, was das Zeug hält. Mit immer mehr Ingrimm. Jede Einmischung aus der CDU-Zentrale in Berlin – verboten.

„Wir sind hier in Sachsen, wir lassen uns nicht hereinreden“, sagte er noch Sonntagmorgen trotzig auf dem Weg zum Wahllokal. Es war das Motto seiner Verteidigungsschlacht gegen die Rechtsaußen.

Am Ende wurde es eine Zitterpartie. Mit 31,9 Prozent für ihn und die CDU dürfte Michael Kretschmer seine Dresdner Staatskanzlei in einer (im Wortsinn) Haustürschlacht verteidigt und die AfD auf – wenn auch minimalem – Abstand gehalten haben.

Kretschmer trat am Wahlabend demonstrativ gut gelaunt vor die Anhänger: „Ich finde, liebe Freunde, wir haben allen Grund zum Feiern! Hinter uns liegen fünf harte Jahre.“ Dieses starkes Ergebnis sei „Rückhalt für uns“. Wenn auch nicht ganz so stark wie erhofft…

Dennoch wird Kretschmers Wort in der Bundes-CDU jetzt noch wichtiger, als es ohnehin schon ist. Auch in der Entscheidung der K-Frage, die jetzt bald ansteht. Der Respekt vor seiner Leistung ist so oder so hoch.

Sein Weg

Kretschmer ist Ursachse. Aufgewachsen in Görlitz-Weinhübel in der Niederschlesischen Oberlausitz. Vater Handwerksmeister, zwei Geschwister. Er kämpft sich nach oben. Oberschule in Görlitz. 1995 Mittlere Reife (10. Klasse). Erst eine Berufsausbildung zum Büroinformationselektroniker. Dann Fachhochschulreife (zweiter Bildungsweg) und ein Studium. Abschluss als Diplom-Wirtschaftsingenieur. Aber: Er wollte in die Politik.

Mit 14 Jahren ist er in der Jungen Union, mit 19 Stadtrat in Görlitz, dann Mitarbeiter einer Bundestagsabgeordneten. Ab 2002 selbst Mitglied des Bundestages. Ab 2005 Generalsekretär in Sachsen. Er galt schon damals als verbissen und Heißsporn. Legte sich mit allen und jedem an in der Partei, wenn es sein musste (Spitzname wegen seiner feuerroten Haare früher: „Pumuckl“).

Sein Tiefschlag

2017 dann der Tiefschlag. Kretschmer verlor seinen Bundestagswahlkreis in Görlitz gegen Tino Chrupalla, der später AfD-Chef wurde („ein echter Schwinger in die Magengrube“). Er überlegte sogar, die Politik an den Nagel zu hängen.

Doch schon zwei Monate später gelang ihm ein fulminantes Comeback. Kretschmer wurde Ministerpräsident in Sachsen. Für den zurückgetretenen Stanislaw Tillich, der keinen Draht mehr zu den Wutbürgern fand. 2019 gewann er dann als Landesvater praktisch allein gegen die AfD – sprach mit tausenden Bürgern, ließ sich dabei auch anschreien, polterte auch mal zurück.

Sein Kurs

In der Corona-Krise war er wegen seiner harten Linie Anfeindungen ausgesetzt. Viele Sachsen nahmen ihm seinen autoritären Kurs im Kampf gegen das Virus übel. Kretschmer veränderte sich. Reagierte häufiger dünnhäutig, übellaunig. Und ließ sich seither von niemandem mehr etwas sagen. Er bürstete gegen den Strich bei Russland (für Waffenstillstand), gegen die Grünen (obwohl er mit ihnen fünf Jahre regierte), pro Atomkraft, gegen „diese Energiewende“.

Am Ende hat es gerade so für den Kämpfer Kretschmer gereicht.