Bundeskanzler Friedrich Merz reist heute zu seinem
Antrittsbesuch in die Türkei. Nach Israels erneuten Angriffen auf Gaza wird die Lage in Nahost ein wichtiges Thema bei dem Gespräch zwischen Merz und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan am Donnerstag in Ankara sein. Daneben soll es auch um den Ukrainekrieg, Migration und Rüstungskooperation gehen.
Erdoğan hat Israel wegen des militärischen
Vorgehens im Gazastreifen immer wieder angegriffen und die
islamistische Hamas als „Widerstandsorganisation“ bezeichnet. Die Türkei
hat aber auch eine bedeutende Rolle bei den Verhandlungen zwischen
beiden Seiten gespielt. Nach erneuten Luftangriffen Israels auf Gaza wurde eine Waffenruhe am Mittwoch zwar bekräftigt. Israels Militär beschoss dennoch nach eigenen Angaben ein Ziel im nördlichen Gazastreifen. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden bei jüngsten Angriffen mehr als 100 Palästinenser getötet.
Das Nato-Land Türkei verfügt über gute Kontakte zur radikalislamischen Hamas, deren Funktionäre sich nicht nur in Katar, sondern auch in der
Türkei aufhalten. Das Vertrauen, das Erdoğan bei der Hamas genießt,
könnte bei der Umsetzung der zweiten Phase des Friedensabkommens
eine wichtige Rolle spielen, in der es auch um die Entwaffnung der
Terrororganisation geht. Sollte der Friedensplan von US-Präsident Donald Trump umgesetzt werden, wollen die Türkei und Deutschland den Wiederaufbau unterstützen.
Rüstungskooperation mit Europa
Am Montag hatte die Türkei ein Milliardengeschäft über die
Lieferung von 20 neuen Eurofighter-Kampfjets abgeschlossen. Der britische Premierminister Keir Starmer vereinbarte mit Erdoğan den Export von 20 Kampfjets des Typs Typhoon an die Türkei. Der Eurofighter-Verkauf ist ein europäisches
Gemeinschaftsprojekt, an dem auch Deutschland beteiligt ist. Die
Bundesregierung hatte das Abkommen mit der Türkei lange blockiert, unter anderem wegen der problematischen Menschenrechtslage in dem Land. Im Juli erteilte die Bundesregierung jedoch eine Exportgenehmigung.
Während Merz‘ Besuch in
Ankara dürfte es auch um die Frage gehen, ob es in Rüstungsfragen eine weitere Zusammenarbeit geben wird. Außenminister Johannes Wadephul (CDU) hatte während seiner Türkeireise
vor knapp zwei Wochen von „etlichen Projekten“ gesprochen, die vor der
Finalisierung stünden. Es sei „selbstverständlich, dass unsere
Rüstungsindustrien auf das Engste miteinander kooperieren“, sagte er.
SPD erwartet auch Gespräche über brisante Themen
Ob die Inhaftierung des Oppositionsführers Ekrem İmamoğlu ein Thema während des Besuchs des Kanzlers sein wird, ist unklar. Der SPD-Außenpolitiker Ralf
Stegner erwartet das. „Ungeachtet wichtiger bilateraler Themen und
gemeinsamer Herausforderungen für Deutschland und die Türkei müssen
solche brisanten Punkte selbstverständlich zur Sprache gebracht werden,
wenn der Kanzler den türkischen Präsidenten trifft“, sagte er.
Nach
einem Treffen des Kanzlers mit Oppositionsvertretern in Ankara sieht es jedoch zunächst nicht aus. Der Plan sei, „dass das bilaterale
Gespräch mit Herrn Erdoğan im Mittelpunkt steht. Über weitere Gespräche
ist mir nichts bekannt“, sagte der stellvertretende Regierungssprecher
Steffen Meyer.
