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G7 beraten über Kriege in der Ukraine und Nahost

In den kanadischen Rocky Mountains beginnt an diesem Montag
der G7-Gipfel. Große Themen dürften neben dem Handelsstreit mit den USA auch die Kriege in Nahost und der Ukraine sein. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen forderte noch vor
Beginn des Treffens weitere Sanktionen gegen Russland. Um das Land an den
Verhandlungstisch zu bringen und den Krieg in der Ukraine zu beenden, müsse man
den Druck erhöhen, sagte sie am Tagungsort in Kanada. Sanktionen spielten dabei
eine zentrale Rolle und sie lade alle G7-Partner ein, sich an einer neuen
EU-Initiative dafür zu beteiligen. Diese soll insbesondere den russischen
Energie- und Bankensektor treffen.

Bisherige gemeinsame Sanktionen der G7 und der EU hätten bereits
Wirkung gezeigt, sagte von der Leyen. So seien etwa die Einnahmen Russlands aus
Öl und Gas seit Beginn des Krieges um fast 80 Prozent gesunken. Weitere Schritte
sollen nun unter anderem eine Senkung des Preisdeckels für den Verkauf von
russischem Öl in Länder wie Indien oder China von derzeit 60 auf 45 US-Dollar
pro Barrel (159-Liter-Fass) bringen. Der Preisdeckel war von der G7-Gruppe
bereits 2022 eingeführt worden und sieht Sanktionen gegen Akteure vor, die am
Export von russischem Öl zu höheren Preisen beteiligt sind. Verhindert hatten
eine Einigung bisher vor allem die USA.

Als Gast des Treffens in den kanadischen Bergen wird am Dienstag auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erwartet. Am Rande des Gipfeltreffens sollen er und US-Präsident
Donald Trump für ein Gespräch zusammenkommen, wie ein US-Regierungsvertreter bestätigte. Zuletzt hatten sich die beiden Regierungschefs Ende April
am Rande der Trauerfeier für den verstorbenen Papst Franziskus im Vatikan zu
einem Gespräch getroffen. Ein Besuch des ukrainischen Präsidenten Ende Februar
im Weißen Haus in Washington war in einem Eklat geendet.

Merz fordert Einigkeit der G7

Für Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ist es der erste
G7-Gipfel. Er traf am Sonntagabend (Ortszeit) am Gipfelort Kananaskis ein. Vor
seinem Abflug sagte er in Berlin: „Das wichtigste Ziel wird sein: Die
sieben größten Industrienationen der Welt sind sich einig, und sie sind
handlungsfähig.“

Die Eskalation zwischen Israel und dem Iran werde „sehr
weit oben auf der Agenda“ stehen, sagte Merz. Zudem solle von dem Gipfel
ein „Zeichen größtmöglicher Geschlossenheit“ für die von Russland
angegriffene Ukraine ausgehen. Im Zollstreit mit der Regierung Trump hofft Merz
auf eine „klare Perspektive für eine Einigung“. An diesem Montag sollen
auch Trump und Merz für ein kurzes bilaterales Treffen am Rande des Gipfels zusammenkommen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte bereits an,
er werde Trump in Kananaskis direkt darauf ansprechen, inwieweit dieser zu härteren Sanktionen gegen Russland bereit sei. Von der Leyen rief die G7 derweil
zum Verzicht auf Protektionismus auf. Der Handel zwischen den Partnern müsse
„fair, berechenbar und offen“ sein, sagte sie am Sonntagabend.

Keine gemeinsame Abschlusserklärung

In der kanadischen Hauptstadt Calgary hatten am
Sonntag hunderte Menschen anlässlich des Gipfels demonstriert. Dabei war der Krieg
im Gazastreifen das beherrschende Thema für die rund 500 Menschen, die sich in
einer ausgewiesenen Protestzone im Zentrum der Stadt versammelten. In
Kananaskis, dem Austragungsort des Gipfels, waren keine Proteste zugelassen. Das
Gebiet um den Gipfel herum ist weiträumig abgesperrt.

Der vor 50 Jahren gegründeten G7-Gruppe gehören die USA,
Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan und das diesjährige
Gastgeberland Kanada an. Die sieben Staaten stehen für mehr als 40 Prozent der
weltweiten Wirtschaftskraft, aber nur für zehn Prozent der Weltbevölkerung. Die
G7 verstehen sich traditionell auch als Wertegemeinschaft der großen
demokratischen Wirtschaftsmächte. Seit Trumps Rückkehr ins Präsidentenamt gibt
es jedoch große Differenzen zwischen den USA und den restlichen G7-Staaten, etwa
im Umgang mit Russland und der Ukraine, in der Zollpolitik, und auch bei Themen
wie Klimaschutz und Entwicklungshilfe.

Kananaskis zum zweiten Mal Austragungsort

Die kanadischen Gastgeber wollen wohl auch deshalb, anders
als sonst bei G7-Gipfeln üblich, auf eine umfassende gemeinsame
Abschlusserklärung aller sieben Staaten verzichten. Zuletzt war 2018 ein
G7-Gipfel ohne Abschlusserklärung zu Ende gegangen. Damals hatte Trump der
Erklärung zunächst zugestimmt, kurz darauf aber seine Unterschrift zurückgezogen.

Kananaskis ist bereits zum zweite Mal Austragungsort eines
G7-Gipfels. Schon 2002 fand dort G7-Gipfel statt. Die Wahl des Ortes hatte
damals einen Trend in der internationalen Gipfeldiplomatie begründet – raus aus
den großen Städten, hin zu abgeschiedenen Hotels in der Natur. Die Wahl fiel
damals auch auf den abgelegenen Ort, weil beim vorangegangenen G7-Gipfel in
Genua die Gewalt zwischen Demonstranten und Polizei eskaliert war. Orte wie
Kananaskis lassen sich sicherheitstechnisch besser schützen.