Frankfurt (Oder) – Das Oder-Hochwasser 2010 war für Niklas Miersch (heute 24) noch ein großer Spaß. Als Kind paddelte er mit einem blau-weißen Schlauchboot durch seine Straße. Heute bedeutet die Oder-Flut für ihn hingegen vorrangig eines: Arbeit!
Den Buschmühlenweg in Frankfurt (Oder) haben die aktuellen Überschwemmungen wieder besonders stark getroffen. Ab Mittwochmittag ließ sich die Straße nur mit hohen Gummistiefeln passieren. Manche versuchten es mit dem Auto. Nicht immer erfolgreich.
Durch die hohen Wellen zog der Motor eines BMW Wasser – er musste abgeschleppt werden. „Ich hoffe, es ist kein Totalschaden“, sagt der Fahrer zu BILD.
Den Anwohnern wurden auf Anordnung der Feuerwehr zum Teil Strom und Gas abgestellt – zu gefährlich. „Ich habe gerade schon für den Notfall Gaskartuschen, einen Gaskocher und Kerzen gekauft“, sagt Anwohner Jens H. (41).
Auch im Keller von Familie Miersch stand am Mittwoch zentimeterhoch das Wasser. „Wir müssen jetzt eine dritte, größere Pumpe holen, zwei reichen nicht“, sagen die Brüder Niklas und Hagen (35).
Die Lage kennen die beiden nur zu gut: 2010 hatte es die Straße auch schon stark erwischt. Der damals zehnjährige Niklas schnappte sich ein blau-weißes Schlauchboot und einen Fischerhut und paddelte durchs Hochwasser.
Heute muss er das Haus vor Hochwasser sichern. „Wir haben schon lange vorher Sandsäcke gestapelt und Möbel aus dem Keller hochgeschleppt. Aber wenn es einmal durchkommt, kann man es nicht aufhalten. Dann hilft nur noch: pumpen, pumpen, pumpen“, so die Brüder.
Bei manchen half aber auch das nicht mehr. Mehrere Lauben in Frankfurt-Booßen wurden stark überflutet. Eine Eigentümerin: „Meine Großeltern mussten die Laube schon 1997 nach dem Hochwasser abreißen, jetzt werden wir auch das neue Holzhaus abreißen müssen. Das tut schon weh. Die nächste Hütte bauen wir dann auf Stelzen.“
Oberbürgermeister ruft höchste Alarmstufe aus
5,90 Meter stand die Oder in Frankfurt am Mittwochnachmittag hoch. Oberbürgermeister René Wilke (parteilos) rief die höchste Alarmstufe 4 aus. Der Pegelstand bewegte sich auf sechs Meter zu und sollte weiter steigen. Der Richtwert für die Alarmstufe 4 liegt bei sechs Metern. Normal ist am Pegel Frankfurt (Oder) ein Wasserstand von um die 2,10 Meter. Der Scheitelpunkt sollte aber erst in der Nacht erreicht werden.
In Eisenhüttenstadt machte sich Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (62, SPD) am Mittwochnachmittag ein Bild von der Lage – hier war der Höhepunkt der Flut bereits erreicht.
„Bis zum Wochenende werden wir wahrscheinlich noch Alarmstufe drei und vier haben in einigen Oderabschnitten“, so Woidke.
Endgültige Entwarnung gibt es aber wahrscheinlich erst in der kommenden Woche.