Avignon (Frankreich) – Sie heißen Paul, Joseph oder Patrice. Sie sind Feuerwehrmänner, Klempner, Unternehmer. 51 meist biedere Männer, zwischen 21 und 68 Jahre alt, die allesamt dieselbe Frau vergewaltigt haben sollen. Organisiert haben soll die widerlichen Taten: der Ehemann des Opfers.

Es ist ein in jeder Hinsicht außergewöhnlicher Prozess, der am Montag in Avignon (Frankreich) begonnen hat. Die angeklagten Taten sind so unglaublich wie monströs: Fast zehn Jahre lang soll Dominique P. (71) seine Frau Gisèle (72) regelmäßig unter Drogen gesetzt und dann Fremden überlassen haben, die die bewusstlose Frau vergewaltigten.

Der Ehemann schaute dabei zu und filmte die Taten.

Termine für eine Vergewaltigung konnte man offenbar im Internet vereinbaren. Über eine Dating-Plattform, die mittlerweile geschlossen wurde, bot Dominique P. seine Ehefrau an. Geld verlangte er keins. Es sei ihm vorrangig „um die Befriedigung seiner perversen Fantasien“ gegangen, so die Staatsanwaltschaft in der 350 Seiten starken Anklageschrift.

Vergewaltiger fand er im Internet

Willige Vergewaltiger fand er im Internet reichlich. Viele Männer aus der Nachbarschaft in der Provence, manche kamen nur einmal, manche mehrfach vorbei. Bevor sie zu der mit Lorazepam, Xanax oder Valium außer Gefecht gesetzten Frau ins Schlafzimmer durften, mussten sich die Vergewaltiger laut Anklage in der Küche ausziehen. Sie durften kein Parfüm tragen und vorher nicht rauchen. Vor der Vergewaltigung mussten sie ihre Hände unter heißem Wasser wärmen, damit ihr Opfer nicht aufwacht.

Ehemann flog auf, als er Frauen unter die Röcke filmte

Fast zehn Jahre blieben die Taten von Dominique P. unentdeckt. Auch seine Frau ahnte nichts. Bis ihn im September 2020 ein Wachmann dabei erwischte, wie er Frauen im Supermarkt mit dem Handy unter die Röcke filmte. Die Polizei durchsuchte Wohnung und Computer des Rentners, fand darauf unzählige Videos von den Vergewaltigungen seiner Frau. Erst jetzt erfuhr Gisèle P. von ihrem jahrelangen Martyrium. Sie war 68 Jahre alt und seit 50 Jahren mit ihrem Mann zusammen.

92 Taten von 72 Männern konnten die Ermittler belegen, 51 Verdächtige identifizieren. Sie alle stehen nun vor Gericht.

Viele sind verheiratet, viele sind Väter, nur wenige sind vorbestraft. Einige Angeklagte sagten aus: Sie dachten, es sei ein Spiel gewesen, die Frau habe das so gewollt. Der Ehemann widerspricht: Jeder einzelne Besucher habe gewusst, dass seine Frau betäubt gewesen sei.

69 Verhandlungstage sind angesetzt, im Dezember soll ein Urteil fallen. Jedem Angeklagten drohen 20 Jahre Haft.

Ehemann Dominique P. sieht sich noch weiteren Ermittlungen ausgesetzt: 1991 soll er in Paris eine Frau vergewaltigt und ermordet haben, die zuvor mit Äther betäubt worden war. 1999 soll er in Seine-et-Marne eine Frau vergewaltigt haben. Bei dieser Tat wurde seine DNA sichergestellt.