Dortmund – Andrej B. (48) wird seit elf Jahren international mit Haftbefehl gejagt – wegen Entziehung Minderjähriger. Unfassbar: Jetzt stellte der dreiste Entführer einen Antrag an das Familiengericht Dortmund. Er will das alleinige Sorgerecht für sein Opfer!

In den Herbstferien 2013 hatte der Vater (damals 37) Sohn Alexander (damals 8) einfach mit in seine Heimat nach Kirgistan genommen. Dort begann der gebürtige Kasache mit seiner Jugendliebe Veronika W. (damals 38) ein neues Leben als Patchwork-Familie. Auch sie hatte bis dahin in Deutschland gelebt, „klaute“ ihren Sohn Maxim (damals auch 8), der eigentlich beim Vater lebte.

Mutter: „Die ersten Jahre waren die Hölle“

Trotz aller Bemühungen von Anwälten und Behörden konnten die widerrechtlich entzogenen Jungen nicht zurück nach Deutschland geholt werden. Anna D. (heute 49), die Mutter von Alexander: „Gerade die ersten Jahre ohne meinen einzigen Sohn waren die Hölle. Ohne meine Familie und meine Freunde hätte ich das nicht durchgehalten.“

Anwalt: „Antrag des Vaters ist nicht aussichtslos“

Entsetzt erfuhr sie vor ein paar Wochen, dass ihr Ex-Mann (verlangte zwischenzeitlich sogar Unterhalt) nun mithilfe der deutschen Justiz das Sorgerecht will. Um 10.06 Uhr begann am Donnerstag die Verhandlung in Dortmund.

Boris Strube (47), der Anwalt von Anna K.: „Die Richterin erklärte, dass der Antrag des Vaters nicht aussichtslos sei. Sie stellte klar, dass das Familiengericht nicht über die Straftat des Kindesentzugs urteile, sondern das Wohl des Kindes im Auge habe.“

Plötzlich wollte der Sohn seine Mutter sprechen

Doch dann gab es im Sitzungssaal eine Überraschung: Alexander (heute 17) wollte per Videokonferenz mit seiner Mama sprechen.

Anna K.: „Ich habe ihn das erste Mal nach elf Jahren gesehen. Mir kamen die Tränen. Er ist so ein hübscher, junger Mann geworden, hat ein süßes Lächeln.“ Der Grundschüler von damals ist heute auf der Berufsschule, will in Deutschland studieren.

Seine Mama: „Er bat mich, ihnen jetzt keine Steine in den Weg zu legen. Nur mit dem Sorgerecht könne der Vater einen Pass für ihn beantragen. Damit will er mich dann bald besuchen und in Ruhe über alles reden.“

Verzicht für die Aussicht auf ein Wiedersehen

Ihrem Sohn zuliebe will die tapfere Krankenschwester auf ihr Sorgerecht verzichten. „Was geschehen ist, kann nicht geändert werden. Ich konnte so viele Jahre nicht an der Seite von Alexander sein, aber die Aussicht auf ein Wiedersehen ist unbeschreiblich.“

Der Vater war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Die Entscheidung des Familiengerichtes erfolgt in den nächsten Tagen.