Die Tore der Jahrhunderte alten Bauernhöfe stehen weit offen. Die einzige Straße ist umgeben von grünen Kuhweiden, malerischen Hügeln und einem plätscherndem Bach …
Doch die Idylle trügt: 72 Prozent der Wähler von Karlsdorf (Saale-Holzland-Kreis) sind so wütend, dass sie bei der Thüringer Schicksalswahl am Sonntag ihr Kreuz bei der AfD gemacht haben. BILD fragte nach, warum.
Im Ort gibt es einen Feuerwehrverein, aber keine Kneipe, keine Einkaufsmöglichkeiten, keinen Arzt, keinen Handyempfang. Der Bus fährt so selten, dass der Fahrplan an der Haltestelle komplett zugewachsen ist. Ohne Auto geht hier nichts.
Die SPD erhielt von den Bewohnern nur eine, FDP und Grüne gar keine Stimmen. Unfassbar: Selbst Linke-Direktkandidat Markus Gleichmann (38), gegen den die Staatsanwaltschaft wegen Beschaffung von Kinderpornographie ermittelt, stieß in Karlsdorf auf mehr Zustimmung als die Ampel-Parteien.
Holger Bauer (56) kennt die Gründe. Der Sanitärinstallateur: „Die Leute gehen arbeiten und wollen dafür ihre Ruhe. Stattdessen werden sie in ihrer Existenz bedroht. Fast jeder hier soll für 10 000 Euro eine Biokläranlage einbauen, weil die alten Fachwerkhäuser nicht ans Abwassernetz angeschlossen sind. Unser Wasser ist einwandfrei. Es gibt überall Forellen. Das ist nicht mehr normal.“
Er habe noch nie gewählt, aber wenn sich bis zur Bundestagswahl nichts ändere, wähle er auch die AfD!“
Sein Bruder Andreas (63) verteilte wochenlang AfD-Flyer und besuchte die Wahlkampf-Rede von Rechtsaußen Björn Höcke (52) in Neustadt/Orla. Der Rentner zu BILD: „Die Menschen hier sind keine Nazis, sondern Mittelständler. Sie sehen die AfD als einzige Chance, dass die Bevormundung aufhört. Ich und viele andere haben nach der Wende Kohl gewählt. Die war auch mal rechts. Ich würde auch wieder die CDU wählen, aber es passiert ja nichts.“
Ein weiteres Frust-Thema: Bürokratie. „Ich hatte eine Metallschmiede, habe 46 Jahre gearbeitet. Meine Frau arbeitet im Friseurhandwerk. Selbst bei der Produktion von Perücken für Krebspatienten werden die Auflagen immer schlimmer“, sagt Andreas Bauer.
Daniel Werner (40) hat auch über die CDU nachgedacht, bis der Wahl-o-mat 70 Prozent Übereinstimmung mit der AfD ausspuckte.
Der ehemalige Krankenpfleger: „Ich kann seit meiner Corona-Impfung kaum noch laufen oder arbeiten. Mein Körper ist voll mit Thrombosen.“ Ob das wirklich mit der Corona-Impfung zusammenhängt?
Der Familienvater schimpft über seine unsichere Rente, das Schulsystem und die Grünen, die ihm vorschreiben wollen, nicht mehr mit fossilen Brennstoffen zu heizen.
Dass Ausländer ins Land kommen, um sich selbst ihr Leben aufzubauen, sei kein Problem, sondern „wenn Ausländer unser Sozialsystem ausnutzen und sich kriminalisieren“, sagt Werner. Ein Höcke-Fan sei er nicht. „Der ist mir zu extrem. Aber wenn es ständig Anschläge gibt, muss mehr passieren als Verurteilungen und leere Versprechen von Politikern wie Frau Faeser.“
Kein Einzelfall: In insgesamt 45 Gemeinden Thüringens hatte die AfD die absolute Mehrheit (über 50 Prozent).