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EU rät Ukraine zu mehr Reformtempo auf dem Weg zum Beitritt

Die Ukraine muss ihr Reformtempo erhöhen, wenn
sie die selbst gesteckten Ziele auf dem Weg zu einer Aufnahme in die
Europäische Union erreichen will. Zu diesem Ergebnis kommt nach
Informationen der Nachrichtenagentur dpa eine Analyse, die die
EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas und Erweiterungskommissarin Marta Kos an
diesem Dienstag in Brüssel vorstellen wollen.

In dem Text heißt es, die Ukraine habe im
vergangenen Jahr trotz ihrer äußerst schwierigen Lage wegen des
russischen Angriffskriegs ein bemerkenswertes Engagement im
EU-Beitrittsprozess gezeigt. Jüngste negative Entwicklungen müssten
allerdings entschieden rückgängig gemacht werden – so etwa der
zunehmende Druck auf Antikorruptionsbehörden und die Zivilgesellschaft.

Zudem mahnen die Autoren des Berichts an, die
Angleichung an EU-Standards beim Schutz der Grundrechte sowie
Verwaltungs- und Dezentralisierungsreformen voranzutreiben. Fortschritte
seien weiterhin notwendig, um Unabhängigkeit, Integrität,
Professionalität und Effizienz in Justiz, Staatsanwaltschaft und
Strafverfolgung zu stärken sowie organisierte Kriminalität intensiver zu
bekämpfen.

Warnung vor zu großen Erwartungen

Die ukrainische Regierung hat sich selbst das
Ziel gesetzt, die EU-Beitrittsverhandlungen bis Ende 2028 abzuschließen.
In der Analyse der notwendigen Reformfortschritte wird nun aber
deutlich vor dem Risiko gewarnt, dass damit zu große Erwartungen
geschürt werden könnten. Die Kommission unterstütze das ehrgeizige Ziel,
weise jedoch darauf hin, dass hierfür eine Beschleunigung des
Reformtempos erforderlich sei, heißt es dort. Das gelte insbesondere in
grundlegenden Bereichen wie der Rechtsstaatlichkeit.

Neben
der Ukraine werden an diesem Dienstag auch das Nachbarland
Moldau sowie die Westbalkanstaaten Montenegro, Albanien, Serbien,
Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien und Kosovo als EU-Beitrittsanwärter
von der EU-Kommission bewertet. Zur Türkei und Georgien gibt es
ebenfalls Analysen, in beiden Fällen liegt der Beitrittsprozess
allerdings wegen demokratischer und rechtsstaatlicher Defizite auf Eis.

Am
weitesten im EU-Aufnahmeprozess ist nach der neuen Analyse Montenegro.
Dem Land wird bescheinigt, die Beitrittsverhandlungen bis Ende 2026
abschließen zu können, wenn es das Reformtempo beibehält. Für Albanien
wird ein Abschluss der Beitrittsverhandlungen bis Ende 2027 für möglich
gehalten.

Georgien und Türkei schneiden schlecht ab

Das bedeutet allerdings nicht, dass
die Länder dann auch wirklich beitreten können. Voraussetzung dafür ist,
dass alle EU-Staaten den von der EU-Kommission ausgehandelten
Beitrittsverträgen zustimmen und diese dann auch ratifizieren. In
Frankreich etwa könnte vor der Ratifizierung noch ein Referendum
organisiert werden.

Ein
ausgesprochen schlechtes Zeugnis sollen auch in diesem Jahr wieder
Georgien und die Türkei ausgestellt bekommen. Zu Georgien heißt es, das
Land sei angesichts des Kurses der aktuellen Regierung nur noch auf dem
Papier ein Beitrittskandidat. Als Beispiele werden die Verabschiedung
repressiver Gesetze, eine politische Instrumentalisierung der Justiz,
die Verfolgung von Oppositionsführern sowie willkürliche Verhaftungen
von Demonstrierenden und Journalistinnen und Journalisten genannt. In
der Türkei wurden ebenfalls weitere Rückschritte in den Bereichen
Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit festgestellt.