Die Parlamentswahlen in Norwegen haben die Regierungspartei von Ministerpräsident Jonas Gahr Støre als stärkste Kraft bestätigt. Die
sozialdemokratische Arbeiterpartei (Ap) erzielte laut dem vorläufigen Endergebnis der Wahlbehörde 28,2 Prozent der Stimmen. Die rechtspopulistische Fortschrittspartei (FrP) verzeichnete
mit einem Plus von 12,3 Prozent den größten Zuwachs und wurde mit 23,9 Prozent zweitstärkste Partei, wie die norwegische Wahlbehörde mitteilte. Auf
Platz drei landeten die Konservativen (Høyre) der ehemaligen
Ministerpräsidentin Erna Solberg mit 14,6 Prozent.
Der Wahlbehörde zufolge kommen die fünf Parteien des rot-grünen
Blocks auf eine knappe Mehrheit im Parlament. Gemeinsam hätten sie demnach
87 der 169 Sitze. Das Mitte-rechts-Bündnis erreicht 82 Sitze. Ministerpräsident Støre führt seit 2021 eine
Minderheitsregierung. Es wird erwartet, dass er im
Amt bleibt. Seine Regierung wäre allerdings bei wichtigen Entscheidungen wie
in der Haushaltspolitik stark von den kleineren Parteien abhängig.
Rechtspopulisten schneiden stark ab
„Wir wussten, dass es knapp werden würde, und das wurde es“, sagte Støre vor seinen Anhängern. „Wir wussten, dass wir alles geben mussten, und
wir haben alles gegeben. Wir haben es geschafft.“ Ende vergangenen Jahres hatte noch ein Sieg der rechtspopulistischen
Fortschrittspartei als wahrscheinlich gegolten. Damals führte die FrP die
Umfragen deutlich an, während die Konservativen mit etwa 20 Prozent vor
Støres Sozialdemokraten lagen.
Die Fortschrittspartei erzielte dennoch das beste Ergebnis ihrer Geschichte. „Heute Abend werden wir unser bestes Ergebnis aller Zeiten feiern“,
sagte Parteichefin Sylvi Listhaug. „Mein Ziel ist es, dass das nur der
Anfang ist.“ Den Erhebungen am Wahlabend zufolge stimmten
insbesondere Jungwähler und Männer für die Rechtspopulisten.
Regierungspartei kann Beliebtheit wieder steigern
Die Zustimmung für die Regierungspartei hatte im
Frühjahr spürbar zugenommen. Beobachtern zufolge profitierte Regierungschef Støre dabei
von mehreren Faktoren. Einer davon sei der Amtsantritt von US-Präsident Donald
Trump Ende Januar gewesen. Die dadurch entstandene Unsicherheit im
transatlantischen Verhältnis habe das Bedürfnis nach einem erfahrenen
Regierungschef in Norwegen verstärkt.
Støre holte zudem im Februar Ex-Nato-Generalsekretär Jens
Stoltenberg als Finanzminister in sein Kabinett. Stoltenberg, der selbst drei
Amtszeiten als norwegischer Ministerpräsident absolviert hat, gilt als einer
der beliebtesten Politiker des Landes. Russlands Krieg in der Ukraine hat
außenpolitische Themen bei der Wahl stärker als sonst in den Vordergrund
gerückt.
Stark geprägt war der Wahlkampf aber auch vom Unmut der
Norwegerinnen und Norweger über die hohen Lebenshaltungskosten im Land. Die
Lebensmittelpreise sind in den vergangenen zwölf Monaten um 5,9 Prozent
gestiegen. Während Støres Arbeiterpartei für stabile Steuern eintritt, fordern
ihre linken Verbündeten höhere Abgaben für Wohlhabende.
Norwegen ist wichtiger Gaslieferant der EU
Norwegen ist Nato-, aber kein EU-Mitglied. Dennoch spielt
das Land eine wichtige Rolle für andere europäische Staaten: Norwegen ist seit
der Abkehr von russischen Energieträgern nach Russlands Überfall auf die
Ukraine 2022 der wichtigste Gaslieferant der EU, was die Haltung der künftigen
Regierung zur Gasförderung zu einem europäischen Thema macht. Die grüne
Partei MDG etwa will keine neuen Öl- und Gasbohrungen mehr zulassen, während die Ap diese
befürwortet.
Rund vier Millionen Norwegerinnen und Norweger waren zur Wahl
aufgerufen. Nach Angaben der Wahlbehörde lag die Wahlbeteiligung bei 78,8 Prozent. Das endgültige
Wahlergebnis wird in den kommenden Tagen erwartet.