Zeithain (Sachsen) – Die Razzia begann im Morgengrauen und endete erst viele Stunden später gegen Mitternacht. In der 5500-Einwohner-Stadt Zeithain in Sachsen durchsuchten die Ermittler unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen und in Schutzanzügen fast den ganzen Donnerstag einen Dreiseitenhof.
Dort soll Baumarkt-Azubi Magnus L. (16) auf dem Hof seines Vaters eine unbekannte Menge des tödlichen Gifts Rizin gehortet haben. Das sächsische Landeskriminalamt (LKA) und die Staatsanwaltschaft rückten an, riegelten das Anwesen weiträumig ab.
„Sichergestellt wurden u. a. Gerätschaften, die für die Herstellung verschiedener Substanzen verwendet werden können, verschiedene elektronische Datenträger und diverses Schriftgut“, sagte LKA-Sprecher Kay Anders (43). „Die Vernehmung des Beschuldigten wird in den kommenden Tagen durchgeführt werden.“
Dann verrät der Teenager hoffentlich, was er mit dem Gift vorhatte. Die Behörden ermitteln gegen ihn wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz.
Tödliches Rizin in Ampullen gefunden
„Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, in einem eigens dafür eingerichteten Labor im Dachgeschoss seines Elternhauses in Zeithain mehrere Ampullen eines Gemisches aus Aconitin und Rizin hergestellt und aufbewahrt zu haben“, bestätigt Oberstaatsanwalt Jürgen Schmidt (49).
Das Pflanzengift Rizin wird aus den Samen des afrikanischen Wunderbaums gewonnen. Es kann in Körperzellen eindringen, dort die Proteinproduktion blockieren. Es wirkt schon in kleinsten Mengen tödlich.
Ermittler entdeckten Gift zufällig
Das Gemisch hatten die Ermittler im Vorjahr bei einer Durchsuchung als Zufallsfund entdeckt. Hier ging es um ein anderes Verfahren, welches die Ermittler derzeit nicht öffentlich machen möchten.
Oberstaatsanwalt Schmidt zu BILD: „Nach den Ermittlungen bestellte der Beschuldigte auch nach der Durchsuchung im Dezember 2024 verschiedene Laborutensilien und Chemikalien.“ Daher nun die groß angelegte Razzia.
US-Serie als Vorbild?
In dem Netflix-Drama „Breaking Bad“ spielt Rizin eine zentrale Rolle als tödliches Gift, das Serien-Star Walter White mehrmals als Mordwaffe einsetzt. Es führt sehr schnell zum Tod, lähmt u.a. die Atemwege.
Ermittler suchen Komplizen und Tatmotiv
Was der 16-jährige Sachse mit dem Rizin vorhatte, ist unklar. Möglicherweise animierte ihn die Serie zum Kauf.
Die Staatsanwaltschaft macht deutlich: „Die erneute Durchsuchung dient insbesondere auch dem Ziel, Hinweise auf das Tatmotiv oder eine etwaige Tatbeteiligung Dritter zu finden“, so Jürgen Schmidt zu BILD.
Kein Haftbefehl gegen Tatverdächtigen
Oberstaatsanwalt Schmidt: „Ein Haftbefehl wurde nicht beantragt. Der Beschuldigte ist nicht vorbestraft. Haftgründe nach der Strafprozessordnung liegen nach derzeitigem Stand der Ermittlungen – insbesondere auch unter Berücksichtigung der Vorschriften des Jugendgerichtsgesetzes – nicht vor.“
Insgesamt 152 Bedienstete von LKA, Polizeiveraltungsamt, der Polizeidirektion Dresden und der Bereitschaftspolizei Sachsen waren im Einsatz.