Die Grünen sind auf dem Weg in die Opposition, Robert Habeck und Annalena Baerbock haben sich aus der 1. Reihe zurückgezogen. Bröckelt jetzt das Machtgefüge in der Ökopartei?

Momentan konzentriert sich die Entscheidungsgewalt hauptsächlich auf die Fraktionsspitze. Katharina Dröge (40) und Britta Haßelmann (63) haben den Hut auf.

Dieser Eindruck ist gewünscht – und wird auch bewusst betont, besonders im Vergleich zu den männerdominierten Runden bei CDU/CSU.

So wurde am Montag eine geplante Stellungnahme der Grünen Parteispitze vor der Parteizentrale kurzfristig abgesagt – stattdessen sprachen Fraktions- und Parteispitze im Reichstag, und die Fraktions-Frontfrauen ergriffen zuerst das Wort.

Beide stammen aus dem mächtigen Landesverband NRW.

Dröge kann als prominente Vertreterin auf den linken, erstarkenden Flügel zählen. Sie gewann gerade den Wahlkreis von Ex-SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich (65) in Köln, den er seit 2002 stets direkt gewonnen hatte. Haßelmann wird flügelübergreifend für ihre langjährige Erfahrung, klaren Ansagen und ihren ruhigen Stil geschätzt.

Die Dritte im Bunde: Parteichefin Franziska Brantner (45).

Die drei Frauen waren es, die am Montag das „Nein“ zum Schulden-Deal von Union und SPD verkündeten. Co-Parteichef Felix Banaszak (35, ebenfalls aus NRW) hielt sich am Rand und auch sonst eher zurück: Er ergriff als Letzter das Wort.

Etliche Grüne verbreiteten ein Foto vom Vierer-Statement unter der Reichstagskuppel, auf dem Banaszak abgeschnitten ist.

Wer bleibt?

Auch wenn Habeck und Baerbock sich zurückgezogen haben, nutzen sie weiter ihre Machtbasis. Der gescheiterte Kanzlerkandidat mehr als die Noch-Außenministerin, doch beide bringen sich ein, sollen dem Vernehmen nach auch die Verhandlungen mit Union und SPD mit begleiten.

Ex-Parteichef Omid Nouripour (49) wird als Anwärter für den Posten des Bundestagsvizepräsidenten genannt. Dann käme die feministische Umweltpartei zumindest auf zwei Männer bei derzeit fünf Spitzenpositionen.

Wer kommt nach?

Ex-Parteichefin Ricarda Lang (31) bleibt im Gespräch: seit ihrem Rücktritt besonders mit pointierten Social-Media-Beiträgen. Plötzlich wird sie parteiübergreifend für ihre Schlagfertigkeit gefeiert. Ihre Zukunft lässt Lang offen, macht aber klar, dass sie gerade erst anfängt.

Der ehrgeizige Ex-Wahlkampfmanager und Fraktionsvize Andreas Audretsch (40) steht ebenfalls in den Startlöchern. Die 11,6 Prozent-Klatsche überstand er unbeschadet, es gilt als Frage der Zeit, bis er wieder nach vorn drängt.