Dresden – Der Wahlbetrug bei der Landtagswahl in Sachsen. Doch während Generalstaatsanwalt Martin Uebele (59) noch nach den Fälschern der Stimmzettel fahndet, gibt es jetzt Ärger über den Umgang mit den Stimmen aus den betroffenen Wahlkreisen.
Im Festsaal des Dresdner Rathauses wurden die gefälschten Stimmzettel am Donnerstag öffentlich den Wahlprüfern gezeigt. Fotografieren war nicht erlaubt, da die Stimmzettel als Beweismittel gelten. Der Chef des zuständigen Kreiswahlausschusses, Dr. Markus Blocher (55), hatte jeden Zettel in Folie verpacken lassen.
Wahl-Ausschuss-Beisitzer Steffen Hanisch (63, AfD) zu BILD: „Die Fälschungen waren auf den ersten Blick kaum zu erkennen, das war professionell gemacht.“ Der Täter hatte die Kreuze auf den grauen Wahlzetteln akribisch überklebt.
Am Montag war bekannt geworden, dass bei der Sachsen-Wahl am 1. September bei Briefwahldokumenten in Dresden die ursprünglichen Kreuze (Direktkandidat- und Listen-Stimme) zugunsten der rechtsextremen Kleinstpartei „Freie Sachsen“ manipuliert wurden.
Dresden gilt als Betrugs-Hotspot
Mittlerweile spricht die Generalstaatsanwaltschaft von 125 gefälschten Stimmzetteln. 111 wurden in Dresden (u. a. aus zwei Wahlbezirken im Stadtteil Langebrück) entdeckt, 14 in zwei Wahlbezirken in Radeberg.
Die „Freien Sachsen“ bekamen bei der Landtagswahl 2,2 Prozent: 12 771 Direktstimmen, zudem 52 195 Listenstimmen. Wie viele davon Briefwahl-Stimmen sind, ist noch unklar.
Dr. Markus Blocher (55) erklärte, dass bei der Suche nach Fälschungen nur die Stimmzettel, bei denen Erst- und Zweitstimme für die „Freien Sachsen“ identisch waren, noch einmal angeschaut wurden. Bei anderen Stimmzetteln gab es nur Stichproben.
Darum werden die Stimmzettel nicht neu ausgezählt
Wahl-Ausschuss-Beisitzer Steffen Hanisch: „Das Vertrauen in die Briefwahl ist erschüttert.“ Er forderte eine Neuauszählung in Dresden, das wurde jedoch zurückgewiesen.
Dresdens oberster Wahlprüfer sieht sich nicht in der Lage, eine Neuauszählung der Dresdner Stimmen noch einmal durchzuführen. „Wir haben 619 Briefwahlbezirke, hatten 6000 Wahlhelfer im Einsatz“, so Blocher. „Die Wahlbehörde kann nicht mit 20 Mitarbeitern in drei bis vier Tagen alles noch mal auszählen.“
Betrogene Parteien gehen leer aus
Zwar wurden die Stimmen auf den manipulierten Wahlzetteln den „Freien Sachsen“ wieder abgezogen oder wurden für ungültig erklärt – der geschädigte Kandidat und die Partei, deren Kreuze überklebt wurden, bekommen ihre Stimme trotzdem nicht zurück.
Wahl-Ausschuss-Beisitzerin Claudia Creutzburg (46, Grüne) forderte daher keine „pauschale Ungültigkeit“ der Stimmen, sofern man herausfinden könne, ob der ursprüngliche Wählerwille (Kreuz) erkennbar sei. Dies wäre eigentlich recht einfach möglich, da man ja sieht, wo überklebt wurde. Doch auch das wurde abgelehnt.
Korrektur hätte „keinen Einfluss auf Wahlergebnis“
Sachsens Grüne-Fraktionschef Valentin Lippmann (33) war als Zuschauer vor Ort, sagt zu BILD: „Da auch die Ursprungsstimmen nicht gezählt werden, ist dem Verursacher immerhin ein Teil der Wahlfälschung gelungen.“
Blocher sagte in der Sitzung, dass eine Korrektur keinen Einfluss auf die Wahl hätte. „Egal was wir machen, es ist sowieso nicht erheblich“, so Dresdens oberster Wahlprüfer.