Bei einem russischen Bombenangriff im Norden der ostukrainischen Region Donezk sind laut örtlichen Behörden mindestens 23 Menschen getötet worden. 21 weitere seien verletzt worden, teilte Regionalgouverneur Wadym Filaschkin auf Telegram mit. Der Angriff traf demnach das Dorf Jarowa, das wenige Kilometer westlich der Frontlinie in dem Gebiet liegt.
Bei den Getöteten handelt es sich demnach um Zivilisten, die vor einem Postamt auf die Auszahlung ihrer Renten gewartet haben sollen. Die Auszahlung der Renten durch die Post ist üblich, etwa zwei Millionen Menschen in der Ukraine nutzen diese Möglichkeit – insbesondere in frontnahen Gebieten, in denen Banken und weitere öffentliche Einrichtungen aufgrund der Gefahr geschlossen werden mussten.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj veröffentlichte auf X ein Video, auf dem zahlreiche Leichen und ein abgebranntes Fahrzeug in für die ukrainische Post typischer Lackierung zu sehen sind. Die Post nutzt solche Lieferfahrzeuge häufig für die Verteilung von Renten in frontnahen Dörfern.
Gouverneur beklagt „Terrorismus“, Selenskyj fordert Reaktion
Ein Sprecher der ukrainischen Post sagte der Nachrichtenagentur AFP,
dass eine Mitarbeiterin verletzt und ein Postfahrzeug beschädigt worden
seien. Postchef Ihor Smilyanskyj teilte auf Facebook mit, die Post werde das Vorgehen bei der Rentenauszahlung künftig ändern. Derzeit findet die Auszahlung häufig gebündelt an Gruppen von Rentnern statt, damit sich Postmitarbeiter nicht unnötig lange im Frontgebiet aufhalten müssen.
Der Angriff sei mit einer Fliegerbombe erfolgt, „genau in dem Moment, als die Renten ausgezahlt wurden“, schrieb Selenskyj. „Das ist nicht Kriegsführung. Das ist purer Terrorismus“, kommentierte Regionalgouverneur Filaschkin die Attacke. Auch er teilte mit, die Bombe sei während der Auszahlung der Renten eingeschlagen. Der ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Dmytro Lubinez nannte den Angriff „eine weitere Bestätigung des systematischen Terrors gegen die Zivilbevölkerung der Ukraine.“
Selenskyj forderte in seiner Stellungnahme eine Reaktion der ukrainischen Unterstützerländer auf
den Angriff. „Solche russischen Angriffe dürfen nicht ohne eine
angemessene Reaktion der Weltgemeinschaft bleiben“, schrieb der
ukrainische Präsident. Die russischen Streitkräfte „zerstören weiterhin
Leben und entgehen gleichzeitig neuen strengen Sanktionen.“
Gleitbomben treffen häufig frontnahe Siedlungen
Zu Angriffen mit Gleitbomben kommt es insbesondere in frontnahen Gebieten häufig. Die bis zu 1.500 Kilogramm schweren Bomben sind vergleichsweise unpräzise, können aber durch ihre Sprengkraft große Schäden anrichten und kaum abgefangen werden. Durch die Reichweite der Gleitvorrichtung von mehr als 60 Kilometern können russische Kampfjets die Bomben aus vergleichsweise sicherer Distanz zur Front abfeuern.
Das russische Verteidigungsministerium äußerte sich bislang nicht zu dem Angriff. Das Dorf Jarowa liegt etwa 20 Kilometer nördlich der Stadt Slowjansk und damit in einem der Gebiete, die von der russischen Armee bislang nicht erobert werden konnten, von Staatschef Wladimir Putin aber als Bedingung für Gespräche über eine Waffenruhe eingefordert werden. Die russische Offensive in Donezk hatte sich nach mehreren ukrainischen Gegenangriffen in den vergangenen Wochen zuletzt verlangsamt.